Dienstag, Mai 30, 2006

Beendet die Generation Praktikum!

Die "Generation Praktikum" scheint sich zu einem globalen Problem zu entwicklen. In der heutigen Ausgabe der New York Times steht ein Kommentar von Anya Kamenetz mit der Überschrift Take This Internship and Shove It, was soviel bedeutet wie "Nimm dieses Praktikum und steck es dir sonstwohin". Ja, es hört sich im Englischen besser an. Aber auf den Inhalt kommt es an. Ein jeder von uns hat Freunde oder Verwandte, die schon ein Mitglied der Generation Praktikum sind oder es zu drohen werden. Und wenn man erst mal drin ist, ist es nur sehr schwer, wieder hinaus zu kommen.

Momentan kann man folgende öffentliche Petition von Désirée Grebel im Internet mitunterzeichnen:

Förderung der Beruflichen Weiterbildung/Praktikum: Hochschulabsolventen
Eingereicht durch Désirée Grebel, 6. April 2006

Der Deutsche Bundestag möge beschließen, dass Praktika von Hochschulabsolventen, die länger als drei Monate dauern und in dem Berufsbild abgeleistet werden, für das der Hochschulabsolvent ausgebildet wurde, in ein reguläres Arbeitsverhältnis umgewandelt werden.

Begründung:
Unzählige hochqualifizierte Menschen arbeiten ohne Entlohnung oder gegen einen Lohn, der unter dem Existenzminimum liegt. Solche sogenannten Praktika dienen nicht der Aus- und Weiterbildung.

Die Petition könnt ihr hier bis zum 14. Juni mitzeichnen
. Bislang haben die Petition schon über 35.000 Menschen mitgezeichnet. Je mehr dies tun, um so höher wird dann auch die Aufmerksamkeit in der Presse sein. Und leider ist es ja so, dass nur dann unsere Volksvertreter tätig werden.

Mehr zu dieser Petition steht in einem Interview, das das Magazin "jetzt" der Süddeutschen Zeitung mit Désirée Grebel gemacht hat: Petition fordert Festanstellung für Praktikanten mit Uniabschluss.

Mittwoch, Mai 10, 2006

Frauen in der Politik - Louise Slaughter


Louise Slaughter kennt in Deutschland wahrscheinlich kaum einer. Dafür aber sicher den Niagarafall. Und genau der liegt im Wahlbezirk von Louise Slaughter. Sie vertritt seit fast zwanzig Jahren diesen Wahlbezirk im Repräsentantenhaus.

Das wäre jetzt noch nicht Grund genug, um über Louise Slaughter zu schreiben. Aber sie macht etwas, was nicht sehr viele Politiker machen. Sie spricht mit den Menschen. Okay, das würde man jetzt wohl von jedem Politiker erwarten. Nur hört sie dann auch tatsächlich zu. Das kann man, wenn man denn möchte, live erleben. Wo? Auf Daily Kos.

Unter den 500.000 Menschen, die Daily Kos täglich anklicken, sind auch viele Politiker bzw. deren Assisten und Praktikanten. Man muss ja wissen, was die bösen Blogger so schreiben. Jeden Tag werden von den Besuchern dieses Blogs ca. 300 Einträge, sogenannte Diaries, geschrieben. Dies tun hin und wieder auch einige Politiker der Demokratischen Partei - z.B. John Kerry oder die Anführerin der Demokraten im Repräsentantenhaus Nancy Pelosi.

Louise Slaughter ist eine der sehr wenigen, die regelmäßig bei Daily Kos schreibt und dies auch selbst tut und nicht irgendeinem Praktikanten diese Aufgabe überträgt. Zudem reagiert sie auch immer auf Kommentare und Fragen, nimmt das mit der "Interaktivität" also tatsächlich ernst.

Ich wünschte nur, so etwas würde es auch in Deutschland geben...

Freitag, April 28, 2006

"Who Is Georgia10?"




An der Seite findet Ihr einen Link zu Daily Kos. Dies hat einen guten Grund. Denn Daily Kos ist zur Zeit der interessanteste und einflussreichste politische Blog in den USA. So findet er auch immer häufiger Beachtung in den herkömmlichen Medien.

Eine der Hauptbloggerinnen bei Daily Kos ist Georgia10 (sie hat zudem noch ihren eigenen Blog). Nun ist im Chicago Reader ein Artikel über Georgia10 erschienen: "How a 23-year-old law student became one of the most influential political bloggers on the internet". Den ganzen Artikel findet ihr hier. Sehr empfehlenswert!

"Ensign-ificant"


John Ensign ist momentan der republikanische Senator von Nevada. Gegen ihn tritt, wie unten schon beschrieben, Jack Carter im November an. Ensign stimmt fast zu hundert Prozent immer so, wie es Präsident Bush gern hätte. Das mag jetzt in Deutschland niemanden überraschen. Es ist aber schon ungewöhnlich, da ein jeder der hundert Senatoren (jeder der 50 Bundesstaaten stellt zwei Senatoren) sich gewöhnlich für den besseren Präsidenten hält.

Da erstaunt es dann schon, dass es Ensign nicht gelungen ist, seine eigene Meinung zu bilden. Nicht einmal bei wichtigen Themen setzt sich Ensign von Bush ab. So verwundert es nicht, dass Jack Carters Wahlkampfteam auf einen sehr eingängigen Slogan gekommen sind: Ensignificant. Dies ist ein Wortspiel mit Ensigns Namen und dem englischen Wort "insignificant", dass so viel bedeutet wie unbedeutend, belanglos.

Na, besser hätte ich es auch nicht sagen können. Und das dazu passende Logo ist einfach genial!

Donnerstag, April 27, 2006

"Dear Mr. President"


Pink hat das wohl politischste Lied seit Jahren herausgebracht. Zu hören ist es auf ihrem kürzlich erschienenem Album "I'm Not Dead".

Sie singt "Dear Mr. President" zusammen mit den Indigo Girls. Im Text sind Anspielungen auf Abtreibung, Schwulenrechte, den Irakkrieg und vieles mehr.

Auszüge:


What do you feel when you see all the homeless on the street
Who do you pray for at night before you go to sleep
What do you feel when you look in the mirror
Are you proud

How do you sleep while the rest of us cry
How do you dream when a mother has no chance to say goodbye

How do you walk with your head heald high

Can you even look me in the eye

And tell me why

...

What kind of father would take his own daughter's right away
And what kind of father might hate his own daughter if she were gay
I can only imagine what the first lady has to say
You've come a long way from whiskey and cocaine

Den ganzen Text gibt es hier. Aber das Beste ist ein Video, in dem sie das Lied live vorträgt. Schaut es Euch an. 182.263 Menschen haben es sich bisher schon angesehen. Es ist definitiv das genialste, was ich je von einem Popstar gesehen habe.

Dienstag, April 18, 2006

Carter Blog linkt zu Holde Anemone!

Sarah Carter hat heute in ihrem Blog zu meinem gestrigen Eintrag "Carter for Senate" verlinkt:

One of the commenters at Daily Kos, who has been very supportive of our campaign, has his own blog and will be focussing on Nevada and on Dad's campaign. Thing is, it's in German. He emailed me and told me that he's from Germany, but that he had been an exchange student in Stateline, NV ten years ago. So, here it is: at Holde Anemone, Sven writes in support of Dad. (link)

Jill Derby for Congress



Jill Derby kandidiert in diesem Jahr erstmals für den Congress, genauer gesagt für das Repräsentantenhaus, im Wahlkreis Nr. 2 Nevadas. Dieser Wahlkreis umfasst fast ganz Nevada, ausgenommen Las Vegas und Umgebung im äußersten Süden. So geht es im Wahlkampf vor allem um die Gegend um Reno und Carson City. Aber auch Battle Mountain und Lake Tahoe, wo ich gewohnt habe, gehören zu diesem Wahlkreis. Dementsprechend bin ich gerade an dem Ergebnis in diesem Wahlkreis interessiert.

Bis 1982 wurde Nevada - neben den beiden Senatoren - nur von einem Repräsentanten vertreten. Jedoch wurde Nevada nach dem Census von 1980 aufgrund eines überproportionalen Bevölkerungszuwachses ein zweiter Sitz im Repräsentantenhaus zugestanden. Die Verteilung der 435 Sitze wird alle zehn Jahre nach dem jeweiligen Census verändert. Der zweite Wahlkreis war aufgrund seiner Bevölkerungsstruktur der weitaus konservativere. Daher wurde dieser Wahlkreis bisher auch nur von Republikanern vertreten. Von 1983-1997 von Barbara Vukanovich und seit 1997 von Jim Gibbons. Letzterer tritt nun nicht wieder an, da er für das Amt des Gouverneurs kandidiert.

Jill Derby ist die einzige Kandidatin der Demokraten, während bei den Republikanern eine Vorwahl (Primary) entscheiden wird, wer gegen Derby antritt. Es kandidieren Sharon Angle, eine Abgeordnete des Parlaments von Nevada, Dawn Gibbons, die Frau des bisherigen Repräsentanten Jim Gibbons und Dean Heller, bisher Secretary of State Nevadas (der eine andere Funktion hat als der Secretary of State auf Bundesebene, letzterer ist Außenminister der USA).

Die ersten Umfragewerte verheißen Gutes für Jill Derby. Innerhalb der republikanischen Kandidaten führt Gibbons momentan mit 34% vor Heller mit 25% und Angle mit 12%. In der selben Umfrage liegt Derby (33%) momentan nur knapp hinter Gibbons (37%). Das ist geradezu eine Sensation in diesem Wahlkreis. Zwar liegt sie relativ weit hinter Heller zurück (25% zu 43%), was aber daran liegt, dass Heller den Wählern schon bekannt ist, während sie Jill Derby, die vorher nie für ein politisches Amt kandidiert hat, nicht einordnen können.

Dass Jill Derbys Wahlkampf gut läuft, beweisen auch die Spendenzahlen. Im vergangenen Quartal hat Derby knapp $190,000 sammeln können. Keiner ihrer republikanischen Gegenkandidaten hat mehr sammeln können. Die momentane Zerstrittenheit zwischen den republikanischen Kandidaten und das Fehlen eines klaren Favoriten ist ebenfalls gut für Derby.

Für den Fall, dass die Frau des bisherigen Amtsinhabers tatsächlich von den Republikanern nominiert wird, gehe ich davon aus, dass das Rennen sehr knapp wird. Ich kann mich noch sehr gut daran erinnern, wie viele Menschen in Nevada ein Problem mit dem politischen Ehepaar Clinton hatten. Daher kann ich mir kaum vorstellen, dass sie bereit sind die potenzielle First Lady Nevadas in den Congress zu wählen. So, oder so könnte dies einer der spannendsten Wahlkämpfe des Jahres werden.

Montag, April 17, 2006

Jack Carter for Senate


Ja, er ist verwandt mit Jimmy Carter. Jack ist der Sohn des ehemaligen Präsidenten. Und im Gegensatz zu manch anderen Präsidentensöhnen ist Jack Carter ein intelligenter, ehrlicher Mann.

Jack Carter kandidiert für einen der beiden Senatssitze Nevadas. Der andere Senator ist Harry Reid, der zur Zeit Minderheitsführer für die Demokraten im Senat ist. Carter kandidiert gegen den sehr konservativen republikanischen Amtsinhaber John Ensign.

Interessant ist, dass seine Tochter, Sarah R. Carter, eine sehr aktive Bloggerin ist. Sie rührt nicht nur die Werbetrommel für ihn auf dem gigantischen Blog Daily Kos, sondern schreibt inzwischen auch ihren eigenen Blog auf der Wahlkampfhomepage ihres Vaters. Auf Daily Kos hat sie sogar ihren Großvater, Ex-Präsident Jimmy Carter, dazu gebracht einen Eintrag zu schreiben. Wenige Tage später hat er schließlich auch auf Fragen von Bloggern geantwortet.

Wie erfolgreich ein Kandidat ist, ergibt sich häufig nicht nur aus den Umfragewerten sondern vielmehr aus den Spenden, die er für seinen Wahlkampf sammeln konnte. Im ersten Quartal dieses Jahres hat Jack Carter $378.000 eingenommen, was eine beachtliche Summe ist, wenn man bedenkt, dass er bisher relativ unbekannt ist in Nevada und dass Ensign bisher als haushoher Favorit für die Wiederwahl gilt. Ensign selbst hat in diesem Quartal $851.000 eingenommen. Nur ist es in Nevada halt immer so, dass der Kandidat, der die Unterstützung der Casinolobby hat, dementsprechend leichter Spenden sammeln kann. Zur Zeit ist der Kandidat dieser Lobby eindeutig Ensign.

Für Jack Carter ist es also noch ein weiter Weg nach Washington. Aber in einem Jahr wie diesem ist es durchaus machbar. Ensign hat nicht die besten Umfragewerte. Momentan würden ihn gerade einmal 48% wählen. Nur 49% sind mit seiner Amtsführung zufrieden. Für einen Amtsinhaber sind das keine guten Zahlen. Wenn Jack Carter in Nevada erst einmal bekannt ist, hat er auch eine reelle Chance zu gewinnen.

Midterms 2006: Nevada


Am 7. November ist es endlich so weit. Dann finden die nächsten "Midterm" Wahlen in den USA statt. Diese heißen so, da sie immer in der Mitte einer Präsidentschaftsamtszeit stattfinden, also immer zwei Jahre vor bzw. nach den Präsidentschaftswahlen. Wie bei den Präsidentschaftswahlen wird auch bei den Midterms immer das ganze Repräsentantenhaus und ein Drittel des Senats neu gewählt. Zudem werden die meisten Gouverneure während der Midterms gewählt.

Traditionell verliert ein Präsident in den Midterms immer Sitze im Congress an die jeweilige Oppositionspartei. Die Midterms 2002 waren eine Ausnahme, dies lag aber v.a. daran, dass ein knappes Jahr zuvor der 11. September das politische Klima völlig veränderte.

In diesem Jahr hingegen sieht es so aus, dass die Tradition fortgesetzt wird. Momentan kontrollieren die Republikaner sowohl das Repräsentantenhaus als auch den Senat. Aktuelle Umfragen geben den Demokraten einen deutlichen Vorsprung, was aber noch nichts heißen muss, da es in kaum einem Land so schwer ist wie in den USA einen Amtsinhaber zu schlagen. Aber die schlechten Umfragewerte Bushs (nur noch 36-39% sind mit seiner Amtsführung zufrieden) sowie Korruptionsskandale auf Seiten der Republikaner im Congress lassen doch darauf schließen, dass es nach zwölf Jahren wieder zu einem Machtwechsel in der Legislative kommt.

Entscheidend dabei könnten auch die Wahlen in Nevada sein (mein Interesse an Nevada hängt mit meiner Zeit als Austauschschüler dort zusammen, wie in anderen Einträgen bereits erwähnt). Die Demokraten müssen im Repräsentantenhaus 15 Sitze und im Senat 6 Sitze dazugewinnen, um die Mehrheit zu bekommen. Da können der eine Senatssitz und die zwei Repräsentantenhaussitze, die im Moment noch in der Hand der Republikaner sind, die Mehrheit bringen. Insgesamt stellt Nevada 3 Repräsentanten und 2 Senatoren im Kongress. Zudem wird auch der Gouverneur von Nevada neu gewählt.

Eine hervorragende Quelle für Informationen über die Politik in Nevada ist der liberal-progressive Blog Desert Beacon. Er wird in der Regel täglich upgedated und listet auch viele interessante Links.

Im folgenden werde ich die wichtigsten Wahlkämpfe in Nevada dokumentieren.

Mittwoch, April 12, 2006

Doppelleben


Aufmerksam geworden auf Carola Stern bin ich ich erst, als sie 2001 ihre Autobiographie veröffentlichte. "Doppelleben", so der Titel dieser Autobiographie, erzählt nicht nur recht schonungslos von ihrem sehr vielschichtigen Leben, sondern vielmehr von der wechselseitigen Geschichte Deutschlands. Man ist so sehr gewohnt, dass in Deutschland von Deutschen so häufig Opfer- und Heldengeschichten erzählt werden, dass es einem teilweise die Sprache verschlägt, dass da jemand mal ganz offen und schonungslos zu sich selbst über den Teil seines Lebens schreibt, den viele lieber verschweigen.

Erika Asmus war auf Usedom Jungmädel-Führerin im BdM
, trat nach dem Krieg der FDJ und schließlich der SED bei. Während ihrer Zeit auf der Parteihochschule der SED, wurde sie als Agentin des amerikanischen Counter Intelligence Corps angeworben. Nach Verrat und Flucht nach West-Berlin begann sie ein neues Leben im Westen unter dem Namen Carola Stern.

Nach einem Politik Studium an der FU Berlin, war sie zunächst Lektorin beim Verlag Kiepenheuer & Witsch (1960-1970) in Köln und wechselte schließlich als Radioreporterin und Kommentatorin zum WDR (1970-1985).

1961 gründete sie gemeinsam mit Gerd Ruge und Felix Rexhausen die deutsche Sektion von amnesty international und war auch deren Vorsitzende (Carola Stern über die Anfänge von ai). Es war interessant - fast einzigartig - zu lesen, wie eine Frau, die sich in ihrer Jugend autoritären, verbrecherischen Regimen verschrieben hat, als Erwachsene zur Verfechterin von Menschenrechten wird.

Die Autobiographie kann ich nur empfehlen. Es gehört auf jeden Fall zu den gut zwanzig Büchern, die mich in meinem bisherigen Leben am meisten beeindruckt haben. Für diejenigen, die eher lesefaul sind, läuft kommende Woche auf Phoenix die als Dokudrama verfilmte Version von "Doppelleben" (Di 18.4, 22.15Uhr; Do 20.4., 10Uhr).

Carola Stern, geborene Erika Asmus, starb am 19. Januar diesen Jahres im Alter von 80 Jahren. R.I.P.

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